Über den Trauerfall (1)
Hier finden Sie ganz besondere Erinnerungen an Gisela Rosendahl, wie z.B. Bilder von schönen Momenten, die Trauerrede oder die Lebensgeschichte.
Liebe zur Literatur und den Menschen
26.10.2012 um 14:24 Uhr von VRSIm hohen Alter von fast 93 Jahren verstarb am 18. Oktober eine Lüdenscheiderin, die vor allem durch ihr Engagement für Menschen in Osteuropa und die Spurensuche nach russischen Zwangsarbeitern sowie durch Buchveröffentlichungen hervorgetreten ist: Dr. Gisela Rosendahl.
Die Trauerfeier hat im Kreis enger Freunde stattgefunden. Die Urnenbeisetzung im Familiengrab in Wiblingwerde erfolgt später.
Zuletzt war es still um Dr. Gisela Rosendahl geworden. Hör- und Seh-vermögen hatten stark nachgelassen, ein Oberschenkelhalsbruch fesselte sie ans Krankenbett. Dass sie bis zuletzt aufnahmefähig blieb, verdankte sie ihren vielen Besuchern und der Korrespondenz mit dem Theologen Dr. Reinhard Deichgräber. Ihr Wunsch nach einem Wiedersehen mit ihrer ukrainischen Freundin Prof. Marija Kultajeva geht nicht mehr in Erfüllung.
Geboren am 28. Dezember 1919 in Wiblingwerde, wuchs sie in Nachrodt auf, wo ihr Vater eine Schulleiterstelle angenommen hatte. Schon früh bestimmte die Liebe zur Natur und zur Dichtkunst ihr Leben. Diese wurde durch ihre Eltern maßgeblich geprägt: Ihr Vater, Rektor Gustav Rosendahl, war ein Freund des Jugendherbergsgründers Richard Schirrmann und machte sich als Heimatforscher und Naturschützer einen Namen. Ihre Mutter weckte in ihr die Liebe zur Literatur. Nach dem Abitur am Realgymnasium in Altena studierte sie Philologie in Göttingen, Straßburg und Bonn. Neben der Germanistik und Anglistik erwählte sie die Slawistik zum dritten Studienfach. Dazu hatten sie Begegnungen mit russischen Emigranten motiviert. Sie erlernte die Sprache und promovierte über ein Thema aus dem Bereich der slawischen Literatur. Während des 2. Weltkriegs erhielt sie die für jene Zeit ungewöhnliche Erlaubnis, zwecks Verbesserung ihrer Russischkenntnisse Verbindungen zu den russischen Zwangsarbeiterinnen in Nachrodt aufzunehmen und diese auch nach Hause einladen zu dürfen. Als sie Jahrzehnte später deren Spuren nachging, entstanden viele freundschaftliche Kontakte. Auf eine Universitätslaufbahn – sie sollte Lektorin für Deutsch in Sarajevo werden verzichtete sie, weil die Eltern ihrer Hilfe bedurften. So kehrte sie ins Sauerland zurück, wo sie bis zu ihrer Pensionierung im Sommer 1982 „mit Freu-den“ Deutsch und Englisch an der Richard Schirrmann-Realschule unterrichtete. Gerade für Schüler aus dem Osten wurde sie zur wertvollen Ansprechpartnerin.
Bis zu ihrem 80. Lebensjahr, mit dem sich zunehmende gesundheitliche Probleme einstellten, erfuhr sie die Zeit als Pensionärin als „beglückende Lebensperiode“, weil diese ihr mehr Freiraum für auch für ihre dichterische Tätigkeit gab. Nachdem bereits vor Jahren ein Kinder- und ein Tierbuch von ihr erschienen waren, brachte sie 1984 unter dem Titel „Lob der Heimat“ ausgewählte Schriften ihres Vaters heraus. Zusammen mit zwei befreundeten Lyrikerinnen, Marija Kultajeva und Elisabeth Gallenkemper, veröffentlichte sie 1992 den Gedichtband „Im Wirbel der Zeit“, der als Brückenbau zwischen Ost und West gedacht war. Weitere Gedichtbände folgten. Den Erlös ihrer Bücher stellte sie der Osthilfe zur Verfügung. Ein Konzert des Kammerchores Taganrog im April 1999 in der Kirche St. Joseph und Medardus war für sei ein besonderes Erlebnis, weil dieser von ihr vertonte Gedichte präsentierte. Ihre in russischer Sprache erschienen Bücher werden in Schulen und Universitäten in Russland als Lektüre benutzt. Von tiefer Sehnsucht nach Erlösung von ihren Leiden und nach der Ewigkeit erfüllt, hat sie sogar angesichts des Todes noch ein Gedicht für ihre eigene Trauerfeier verfasst.